Politische Lage

Die politische Lage blieb auch 2023 weiterhin unsicher, insbesondere nach dem Regierungswechsel in Berlin.

Am 31. Januar 2023 fand noch gemeinsam mit der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Claudia Roth, und dem ehemaligen Kultursenator Berlins, Klaus Lederer, eine Begehung der Alten Münze statt. Beide Seiten vermittelten hier den Eindruck einer klaren Unterstützung des Vorhabens. An der Unterstützung des Bundes hat sich seither nichts geändert.

Im Jahr 2023 fand keine Positionierung seitens der neuen Landesregierung statt, weder bezüglich der Entwicklung einer Institution für Jazz und Improvisierte Musik in Berlin noch bezüglich der Verortung einer solchen Institution. Bemühungen um eine Klärung der damit verbundenen Frage wurden nicht zuletzt dadurch erschwert, dass der Prozess der Kulturraum Berlin GmbH für die Entwicklung der Trägerschaft und von langfristigen Nutzungskonzepten der Alten Münze entsprechend der dafür entwickelten Charta nicht auf den Weg gebracht wurde. Dadurch hat sich die Entwicklung des Vorhabens weiter verlangsamt. Bis Ende des Jahres gab es kein Signal vom neuen Kultursenator Joe Chialo, weder zum Vorhaben der Institutionsgründung, noch zur Verortung.

Standort Alte Münze

Der Standort der Alten Münze erschien immer wieder fraglich, da Nutzungskonkurrenzen – insbesondere hinsichtlich Clubbetrieb, Schallschutz und Publikumsverkehr – nicht zufriedenstellend und abschließend geklärt werden konnten. Die Steuerungsgruppe erarbeitete „Gelingensbedingungen" für eine sinnvolle Verortung des Projekts in der Münze, es blieb aber unklar, ob diese erfüllt werden können. Die Spreewerkstätten als Zwischennutzer prägten währenddessen die Alte Münze weiterhin und erschlossen den Ort auch baulich für ihre Nutzungen.

Trotz dieser Herausforderungen hielt die Steuerungsgruppe an der Verortung in der Münze als Wunschdestination fest.

Für die kommenden Jahren ist geplant, die Institution in der Aufbauphase unverortet zu etablieren, wobei Veranstaltungen an verschiedenen Orten in Berlin stattfinden sollen. Die Institution selbst soll dabei als ein professionalisiertes zentrales Gefäß entwickelt werden – im Sinne eines „Zentrum under construction”.

Mit dem Haushaltsbeschluss wurde durch den Hauptausschuss kurz vor Weihnachten entschieden, dass die bisherigen Zwischennutzer Spreewerkstätten die Möglichkeit bekommen, „mittels eines langfristigen Vertrages ihre Arbeit in der Alten Münze im bisherigen Umfang fortzusetzen und weitere notwendige Instandhaltungen und Investitionen aus eigenen Mitteln zu tätigen.” https://www.parlament-berlin.de/ados/19/IIIPlen /vorgang/d19-1350.pdf

Gleichzeitig wurden im finalen Haushaltstext die Mittel zum Aufbau der Institution von der Alten Münze entkoppelt.

All das deutete auf einen Paradigmenwechsel im Land Berlin hin, sowohl was die Verortung des Zentrums in der Alten Münze als auch die Gesamtstrategie für den Standort Alte Münze als Kulturort betrifft.

Die Standortfrage und die damit verbundenen politischen Auseinandersetzungen werden das Projektteam und die Steuerungsgruppe auch weiterhin umfänglich beschäftigen.

Finanzierung

Trotz dieser Unsicherheiten gab es auch positive Aspekte. Neben den vom Bund weiterhin bereitgestellten Mitteln, insbesondere für das Projektbüro, die Projektentwicklung und das Einholen externer Expertisen, standen für 2022/2023 erstmals Landesmittel für die Umsetzung von Programmaktivitäten zur Verfügung, durch die Anfang 2024 erste Programmaktivitäten sichtbar werden können (s.u.).

Des Weiteren wurden Ende des Jahres im Doppelhaushalts 2023/2024 Mittel in Höhe von 300.000 Euro (wieder in erster Linie Programmmittel) für die Aufbauphase eingestellt. Dies deutet darauf hin, dass das Land auch weiterhin die Projektentwicklung unterstützen möchte. Im Bundeshaushalt sind ebenfalls Mittel in Höhe von 250.000 Euro in Aussicht gestellt. Bis Ende des Jahres gab es aber wegen der Haushaltsschwierigkeiten des Bundes keine verbindliche Zusage.

Programmaktivitäten

Die durch Landesmittel finanzierten Programmaktivitäten umfassten 2023 eine Panelveranstaltung „Dokumentation & Diskurs“ am 7. Februar 2023 in der Galerie der Alten Münze, bei der auch eine neu erstellte Dokumentationsbroschüre präsentiert wurde sowie die Vorbereitung von Programmaktivitäten, die Anfang 2024 stattfinden werden.

Die Steuerungsgruppe beauftragte die Kuratorin Tina Heine, mit einem Residency- und Werkstattprogramm erste Programmaktivitäten zu konzipieren und umzusetzen.

Die Ziele dieser Aktivitäten sind vielfältig: sie sollen nicht nur die Sichtbarkeit des Projekts durch ein künstlerisches Programm erhöhen, sondern auch die Beteiligung von Akteur*innen hinsichtlich Profilierung, Inhalten und Diskurs fördern. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Auseinandersetzung mit Raumfragen, darunter die Verortung in der Alten Münze sowie grundlegende Fragen zu Raum und Rezeption.

Die konzentrierte Residency-Woche ist für den Zeitraum vom 5. bis 10. Februar 2024 in der Alten Münze geplant. Im November 2023 wurde hierzu ein Open Call veröffentlicht, und die Vorbereitungen liefen seit April 2023 in enger Abstimmung mit der Steuerungsgruppe.

Eine ursprünglich für Oktober 2023 geplante Konferenz zu Fragen der Kommunikation und Vermittlung von Jazz und Improvisierter Musik musste bedauerlicherweise aus verschiedenen Gründen abgesagt werden. Einige der geplanten Inhalte werden jedoch in leicht veränderter Form und Rahmung während der „STOP OVER“-Woche im Februar in der Alten Münze stattfinden.

Des Weiteren fand eine Informationsveranstaltung zum politischen Prozess und zum aktuellen Stand des Projekts im Rahmen der Jazzwoche mit Nikolaus Neuser und Kathrin Pechlof im Hinterzimmer statt.

Öffentlichkeitsarbeit

Neben der Erstellung der Dokumentationsbroschüre, die im Februar 2023 im Rahmen von „Dokumentation & Diskurs“ veröffentlicht wurde, erfolgte im Oktober der Soft-Launch der Prozessdokumentationswebseite zentrum-under-construction.berlin in Zusammenarbeit mit der Berliner Agentur Büro Bum Bum. Ziel ist es, auf der Webseite Prozesse und Ergebnisse transparent zu dokumentieren, den politischen Kontext sowie die Historie nachvollziehbar zu machen und auf aktuelle Veranstaltungen, Programmaktivitäten und Ausschreibungen aufmerksam zu machen.

Namensworkshop

Die Frage nach einem finalen Namen für die zukünftige Institution tauchte wiederholt auf, ebenso wie die Diskussion über die Verwendung des Begriffs „Jazz“ im Titel. Dies führte zu einem Workshop mit der Steuerungsgruppe und den Vorständen der Verbände, der mit mittlerem Erfolg durchgeführt wurde. Das Ergebnis dieses Prozesses ist, dass die zu gründende Unternehmergesellschaft (UG) weiterhin arbeitstitelartig „Zentrum für Jazz und Improvisierte Musik“ genannt werden soll. Ein endgültiger Name kann erst festgelegt werden, wenn die Verortung des Zentrums geklärt ist.

Projektbüro

2023 war das Projektbüro weiterhin administrativ bei der Deutschen Jazzunion angesiedelt. Die Steuerungsgruppe, die politisch-strategische Entscheidungen im Projekt trifft, besteht weiterhin aus Nikolaus Neuser und Janning Trumann (seit Anfang 2023) von der Deutschen Jazzunion sowie Kathrin Pechlof (als für dieses Thema „kooptiertes Vorstandsmitglied“ vom Vorstand delegiert) und Uli Kempendorff von der IG Jazz Berlin sowie Till Brönner als Mitinitiator. Projektleiterin war weiterhin Dr. Bettina Bohle. Projektmitarbeit erfolgte durch Sarah Stinshoff und Carsten Hein (seit Juni 2023).

Die Verbandsvertreter*innen unterstützen zudem das Projektbüro auch operativ in der konkreten Projektarbeit. Vertreter*innen der Verbände (Nikolaus, Kathrin, Uli) erhielten eine Aufwandsentschädigung aus Projektmitteln für die übernommene Projektarbeit.

Verfasstheit und Planungen zur Strukturgründung

Seit dem Sommer liefen Vorbereitungen für die Gründung einer belastbaren Struktur, die eine Ablösung von der Deutschen Jazzunion und die Etablierung einer gemeinnützigen Unternehmergesellschaft (UG) als ersten Schritt in Richtung Institutionalisierung umfasste.

Die Abstimmungen bezüglich der Gründung, Satzung und Leitungsstruktur fanden und finden in der gesamten Steuerungsgruppe sowie in Zusammenarbeit mit den Verbänden und juristischem Fachpersonal statt und waren Ende 2023 noch nicht abgeschlossen.

In diesem Zusammenhang wurde auch eine personelle Neuaufstellung koordiniert. Dr. Bettina Bohle wird Ende Februar 2024 das Team verlassen, die Position wurde Ende des Jahres ausgeschrieben. Die konzeptionell-strategische Leitung bleibt weiterhin in der Hand der Steuerungsgruppe, bis die UG gegründet ist und eine künstlerische-strategische Leitungsposition ausgeschrieben werden kann.